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Noniam habemus papam

Seit bald einer Woche hat die (römisch-katholische) Welt wieder einen irdischen Stellvertreter Christi als Nachfolger des wegen gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Papst Benedikt XVI.: Papst Franziskus, Kardinal Jorge Maria Bergolio SJ aus Argentinien.

Vieles ist speziell am neuen Papst:

er ist der erste aussereuropäische Papst seit dem 8. Jh. (!),

er ist der erste lateinamerikanische Papst überhaupt (!!). Wenn man bedenkt, dass in den letzten Jahrzehnten eine noch immer andauernde Verschiebung der Weltchristenheit von Norden nach Süden stattgefunden hat und heute 75% der Katholiken in der südlichen Hemisphäre beheimatet sind wurde es doch langsam Zeit, ein Kirchenoberhaupt zu haben, das diesen Trend auch abbildet.

Er ist Jesuit. Die Jesuiten sind ein katholischer Orden, der auf Ignatius von Loyola zurückgeht. Im Zuge der Reformation entwickelte sich der Orden als Gemeinschaft, die eine verstärkte Christusbeziehnung pflegen will.  Exerzitien, Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam sind ihre Schlagwörter. Jesuiten tragen keine Ordenskleider und engagieren sich in der Flüchlingspolitik, in Schulen und in sozialen Einrichtungen. Sie tragen ein SJ hinter dem Namen.

Er wählte den Papstnamen Franziskus und beruft sich auf den Ordensgründer der Franziskaner, Franziskus von Assisi. Auch sie verpflichten sich zur Armut und konzentrieren sich stärker auf die Schrift, als dies die römisch-katholische Kirche in der Gründungszeit (13.Jh.) des Orden getan hat.

In der ausserkristlichen Ökumene scheint er offen und kontaktfreudig zu sein.

Vor diesem Hintergrund könnte man glauben, dass er sich ganz speziell den Armen verpflichtet fühlt und nach Lateinamerikanischer Manier eine Theologie der Befreiung predigt. Das ist nur teilweise der Fall. Verschiedene Medien werfen ihm sogar zu wenig Distanz zur argentinischen Militätdiktatur der 70er/80er Jahre vor. Doch ruft er zur Bewahrung der Schöpfung (also Umweltschutz) auf und will Arme und Ausgeschlossene beachten.

Haben wir LGBTIQ nun endlich unseren Papst? Wie hat es der neue Papst mit der Homosexualität? Nun ja, er hat es eben nicht. Argentinien gilt als erstaunlich vortschrittliches Land, was die Rechte der LGBT angeht. Seit 2003 ist in den grossen Städten sogar eine Eintragung der Partnerschaft  möglich, seit 2010 landesweit. Kardinal Bergoglio kritisierte diese Haltung scharf mit den Worten “Es ist eine destruktive Anmaßung gegen den Plan Gottes”.

Das muss uns aber keineswegs verwundern. Wie ich schon mehrfach betont habe und gerne wiederhole: Keiner wird Papst mit einer liberalen Haltung! Wer in der kirchlichen Hierarchie aufsteigen will, also Bischof, Kardinal, sogar Papst werden will, MUSS sich den Gepflogenheiten anpassen und traditionelle römisch-katholische Werte vertreten. Eine massgebliche Veränderung wird meiner Meinung nach nicht von oben her kommen, sondern – wie so viele davor auch – von der Basis her angeregt. Die Initiative der beiden Basler katholischen Kirchen zur Gleichstellung ist ein Anfang.

Ich ermutige alle kirchenkritischen Homos das Gespräch mit kirchennahen Menschen zu suchen, sie nach ihren persönlichen Meinungen zu fragen und dieselbe Offenheit und Akzeptanz an den Tag zu legen, die wir LGBTIQ von der Gesellschaft ach so stark verlangen. Denn: von nichts kommt nichts.